Wo halten sich Zecken auf?
Duscher: „Zecken fallen nicht von den Bäumen, wie häufig angenommen wird, sondern bevorzugen Plätze mit hohem Gras und Strauchwerk. Sie befinden sich in 1 bis 1,5 Meter Höhe und warten dort auf ihren Wirt. Geht man durch das Buschwerk oder das hohe Gras, streift man die Zecken ab. Zecken können aber auch über unsere Haustiere in die Wohnräume gelangen. Sie verstecken sich nämlich gerne im warmen Fell von zum Beispiel Hunden oder Katzen und gelangen so ins Wohnzimmer, auf die Couch oder sogar ins Bett ihrer Besitzer.“
Bei welcher Temperatur sind Zecken aktiv?
Duscher: „Zecken sind inzwischen fast ganzjährig aktiv. Ab 5 bis 7 Grad Celsius beenden sie ihre Winterruhe und suchen nach einem Wirt. Je wärmer es ist, desto wohler fühlen sich Zecken. Am liebsten haben sie feuchtes Wetter und Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius. Wird es ihnen zu heiß, flüchten sie zurück ins kühle und feuchte Laub, um sich vor dem Austrocknen zu schützen. Gegen Kälte besitzen sie eine Art Frostschutz. So überleben sie problemlos einen ganzen Tag bei Temperaturen zwischen minus 4 und minus 13 Grad Celsius. Nur wenn es zu lange zu kalt ist, frieren sie ein.“
Was sollte man tun, wenn man von einer Zecke gestochen wurde?
Duscher: „Entdeckt man eine Zecke am Körper, soll man sie so rasch wie möglich entfernen. Das ist deshalb wichtig, da verschiedene Erreger erst nach einer Zeit übertragen werden. Zum Beispiel werden Borrelien erst nach ca. 12 Stunden übertragen. Beim Entfernen der Zecke raten wir von Ölen, Nagellacken oder ähnlichem ab. Am besten, man packt die Zecke mit einer Pinzette oder einer Zeckenzange so weit wie möglich vorne an den Mundwerkzeugen, nahe an der Haut. Dann zieht man sie mit einer leichten Hin- und Her-Bewegung raus.“
Was passiert, wenn ein Teil der Zecke in der Haut stecken bleibt?
Duscher: „Bleibt der Kopf der Zecke stecken, braucht man sich keine Sorgen zu machen. Er wird nach einigen Tagen von selbst abfallen. Entzündet sich die Einstichstelle, Desinfektionsmittel verwenden und/oder zum Arzt gehen.“
Welche Krankheiten können Zecken übertragen?
Duscher: „Zecken übertragen eine Reihe von Viren und Bakterien. Die bekannteste ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis, aber auch Borrelien-Bakterien sind ein wesentliches Thema. Wir entdecken jetzt immer wieder Erreger, die früher als ungefährlich gegolten haben. Heute sind sie jedoch für verschiedene Krankheitsbilder verantwortlich.“
Wann sollte ich zum Arzt?
Duscher: „Bei ersten Anzeichen einer Infektion. Bei einer FSME-Erkrankung sind dies grippeähnliche Symptome wie Müdigkeit, Fieber oder Kopfschmerzen. Typisch für eine Lyme-Borreliose ist eine ringförmige Rötung um die Einstichstelle. Es kann mitunter aber mehrere Wochen dauern, bis Symptome auftreten. Daher sollte man über einen längeren Zeitraum wachsam sein.
Wie kann man sich vor Krankheiten schützen?
Duscher: „Vor FSME schützt nur die Schutzimpfung. Gegen Borrelien gibt es noch keine Impfung. Da sie aber eine gewisse Zeit brauchen, um übertragen zu werden hilft es, sich rechtzeitig abzusuchen und Zecken zu entfernen.“
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)1
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch den FSME-Virus ausgelöst. Die Erkrankung kann sich durch grippeähnliche Symptome bis hin zu einer Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute oder des gesamten Zentralnervensystems äußern. Beim Großteil der mit FSME infizierten Personen treten keine Krankheitssymptome auf. Bei ca. 33 Prozent der FSME-Infizierten bricht die Krankheit auch tatsächlich aus. Insgesamt sollte man den FSME-Virus nicht unterschätzen, da die Krankheit schwerwiegende Folgen haben kann.
Verlauf
Die Inkubationszeit – also die Dauer vom Zeckenstich bis zum Auftreten der Erkrankung - schwankt zwischen fünf und 28 Tagen und verläuft typischerweise in zwei Phasen.
In der ersten Phase treten grippeähnliche Symptome auf: allgemeines Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen und Fieber.
Wenige Tage später kommt es nach vorübergehender Besserung zu einem erneuten Fieberschub. Der neuerliche Anstieg des Fiebers markiert den Beginn der zweiten Phase. In der zweiten Phase ist nun auch das zentrale Nervensystem betroffen und kann sich in einer der folgenden schwerwiegenden Erkrankungsformen äußern:
1. Meningitis: Entzündung der Hirnhäute
2. Meningo-Enzephalitis: Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns
3. Meningo-Enzephalo-Myelitis: Entzündung der Hirnhäute, des Gehirns und des Rückenmarks
Typische Symptome der FSME:
- Erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens
- Hohes Fieber
- Kopfschmerzen
- Gleichgewichtsstörungen
- Bewusstseinsstörungen (starke Schläfrigkeit, Desorientiertheit, etc.)
- Lähmungen von Hirnnerven: Das kann sich in Gesichtslähmungen, Hörstörungen, Schluckstörungen und Sprechstörungen äußern.
- Lähmungen von Armen und Beinen
- Zittern der Gesichtsmuskeln und der Gliedmaßen
Therapie
Gegen die FSME-Viren gibt es derzeit kein wirksames Medikament. Daher kann die eigentliche Ursache einer FSME-Erkrankung nicht behandelt werden. Man kann lediglich die Symptome wie Fieber und Kopfschmerzen durch entzündungshemmende Medikamente und Schmerzmittel lindern. Etwa fünf Prozent der Patienten müssen aufgrund eines besonders schwerwiegenden Verlaufs der Erkrankung auf der Intensivstation behandelt werden – etwa bei einer Atemlähmung.
Prognose
Der Erfolg der Genesung hängt von der Art der FSME-Erkrankung ab:
1. Meningitis: Sie heilt mit medizinischer Behandlung meist ohne Folgen aus.
2. Meningo-Enzephalitis: Patienten mit dieser Form können mehrere Wochen unter Folgen der FSME-Erkrankung leiden. Dazu zählen: verminderte Belastbarkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und emotionale Labilität. Teilweise kann es auch zu vorübergehenden oder dauerhaften Störungen der Sprache, des Hörens und der Gedächtnisleistung kommen, sowie zu Lähmungen.
3. Meningo-Enzephalo-Myelitis: Erkrankte mit dieser FSME-Form haben die schlechtesten Chancen für eine Heilung ohne bleibende Folgen. Das zeigt u.a. eine Verlaufsanalyse aus Deutschland. Nur 19% der Patienten konnten sich darin vollständig von der FSME erhohlen. 51% behielten lang anhaltende Funktionsstörungen und 30% starben sogar innerhalb von 1 bis 10 Jahren an den Folgen der FSME.2
Lyme-Borreliose 3,4
Die Lyme-Borreliose ist eine entzündliche Erkrankung, die mehrere Organe betrifft und die von einer speziellen Bakterien-Gattung ausgelöst wird: von den sogenannten „Borrelien“. In Österreich ist die Lyme-Borreliose zudem die am häufigsten durch Zecken übertragene Erkrankung.
Die Borrelien wandern aus dem Darm der Zecke in deren Speicheldrüsen und werden durch den Speichel der Zecke in das Blut des Opfers abgesondert. Aufgrund des komplexen Mechanismus werden Borrelien erst nach mehreren Stunden übertragen. Daher ist es wichtig, eine Zecke möglichst schnell zu entfernen. So ist das Risiko geringer, sich mit Borrelien zu infizieren und an einer Borreliose zu erkranken.
Frühstadium
Drei bis 30 Tage nach der Infektion tritt eine kreisrunde Rötung um die Einstichstelle der Zecke auf, die auch wandern kann – die sogenannte „Wanderröte“. Dieses Symptom kann, aber muss nicht auftreten.
Auch ohne Behandlung kann die Rötung in zwei Fällen abklingen:
- Die Borrelien wurden durch das körpereigene Immunsystem besiegt und die Borreliose konnte ausheilen.
- Die Borrelien überleben weiter im Körper, ohne eine Entzündungsreaktion hervorzurufen. Das kann ohne Behandlung nach einiger Zeit zu einem Befall verschiedener Organe führen.
Ein weiteres charakteristisches Anzeichen einer Borreliose-Erkrankung sind Lymphozytome. Das sind gerötete knollige Schwellungen an Gelenkbeugen, Brustwarzen oder Ohrmuscheln, die in Verbindung mit einem kürzlich erfolgten Zeckenstich oft auf eine Erkrankung an Borreliose hinweisen.
In 50 Prozent der Fällen tritt keine kreisrunde Rötung der Einstichstelle auf und die Krankheit bricht erst nach Wochen bis Jahren aus. Daher sollte man bei einem kürzlich erfolgten Zeckenstich und folgenden Symptomen eine Erkrankung an Borreliose in Betracht ziehen:
- Wandernde entzündliche Gelenkserkrankungen, Gelenkschmerzen und Muskelschmerzen
- Schleimbeutelentzündungen
- Kopfschmerzen
- Gesichtslähmung
- Herzrhythmusstörungen
- Doppelt sehen
Spätstadium
Das Spätstadium beziehungsweise die chronische Erkrankungsform der Lyme-Borreliose kann nach unterschiedlich langen Zeitintervallen erfolgen:
In 50 Prozent der Fällen tritt keine kreisrunde Rötung der Einstichstelle auf und die Krankheit bricht erst nach Wochen bis Jahren aus. Daher sollte man bei einem kürzlich erfolgten Zeckenstich und folgenden Symptomen eine Erkrankung an Borreliose in Betracht ziehen:
- Direkt im Anschluss an das Frühstadium
- Nach symptomfreien Monaten bis Jahren nach dem Frühstadium
- Direkt als chronische Lyme-Borreliose, ohne dass der Patient ein Frühstadium durchlaufen hat
Im chronischen Stadium breiten sich die Borrelien im Körper aus und befallen verschiedene Organe. Daher kommt es bei chronischen Lyme-Borreliose zu einer großen Anzahl an unterschiedlichen Symptomen:
- Chronische Erschöpfung
- Konzentrationsschwäche
- Muskelbeschwerden
- Nervenschmerzen
- Magen-Darm-Beschwerden
Therapie
Die Lyme-Borreliose lässt sich im Früh- und Spätstadium mit Antibiotika behandeln. Eine Behandlung während des Frühstadiums hat sich dabei als am wirkungsvollsten herausgestellt.
Eine Impfung gegen Borreliose ist bis jetzt noch nicht verfügbar. Die derzeit verfügbaren „Zeckenimpfungen“ bieten nur Schutz gegen FSME und nicht gegen Borreliose!
1 Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: 19. Januar 2016. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-035l_S1_Fr%C3%BChsommer_Meningoenzephalitis_FSME_2016-06.pdf Letzter Zugriff: 08. Mai 2018
2 Prof. Dr. R. Kaiser: Langzeitprognose bei primär myelitischer Manifestation der FSME – eine Verlaufsanalyse über 10 Jahre, Der Nervenarzt 2011. www.springermedizin.de/langzeitprognose-bei-primaer-myelitischer-manifestation-der-fsme/8063744
3 Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose. Leitlinien der Deutschen Borreliose-Gesellschaft. Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V.: Dezember 2010. www.borreliose-gesellschaft.de/Texte/Leitlinien.pdf Letzter Zugriff: 08. Mai 2018
4 Kutane Lyme Borreliose. Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft: März 2016. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-044l_S2k_Kutane_Lyme_Borreliose_2016-05.pdf Letzter Zugriff: 08. Mai 2018
PP-PFE-AUT-0616/04.2019